Atmen ist etwas, das wir alle automatisch tun und oft glauben wir, dabei viele Mythen und falsche Annahmen zu haben. Gerade wenn es um gesundes Atmen und Atemtraining geht, ist es wichtig, die Fakten zu kennen. Hier sind die zehn häufigsten Irrglauben rund ums Atmen und warum sie so nicht stimmen.
Je mehr Luft ich einatme, desto mehr Sauerstoff bekomme ich in den Körper
Fakt: Mehr Luft einatmen bedeutet nicht automatisch, dass mehr Sauerstoff in die Zellen gelangt.
Warum? Der Sauerstofftransport ins Gewebe hängt stark vom CO₂-Spiegel im Blut ab (Bohr-Effekt). Wenn du zu viel atmest und dabei zu viel CO₂ ausatmest, sinkt der CO₂-Gehalt im Blut. Das führt dazu, dass das Blut den Sauerstoff stärker bindet und ihn nicht so gut an die Zellen abgibt. Das Gewebe bekommt also weniger Sauerstoff, obwohl du mehr Luft eingeatmet hast.
Tief atmen heißt: große, kräftige Atemzüge nehmen
Fakt: Funktionelles „tief atmen“ bedeutet: ruhig, leise und vor allem zwerchfellbetont atmen, nicht große und hörbare Atemzüge machen.
Große, laute Atemzüge sind meist Zeichen von Überatmung. Diese erhöht das Atemvolumen und verringert den CO₂-Spiegel, was die Sauerstoffversorgung im Gewebe reduziert.
Mundatmung ist genauso gut wie Nasenatmung
Fakt: Nasenatmung ist deutlich gesünder als Mundatmung.
Die Nase filtert, wärmt und befeuchtet die Luft und produziert Stickstoffmonoxid (NO), ein wichtiges Molekül, das die Durchblutung und Sauerstoffaufnahme verbessert.
Mundatmung dagegen lässt kalte, ungefilterte Luft direkt in die Lunge und reduziert die NO-Produktion. Das erhöht das Risiko für Atemwegsprobleme und verschlechtert die Sauerstoffversorgung.
CO₂ ist nur ein Abfallgas und muss schnell raus
Fakt: CO₂ ist lebenswichtig und kein reines Abfallprodukt.
Es steuert, wie gut Sauerstoff von den roten Blutkörperchen an die Zellen abgegeben wird (Bohr-Effekt). Außerdem reguliert CO₂ die Gefäßweite und den Blut-pH-Wert.
Zu wenig CO₂ führt zu Gefäßverengung, schlechter Durchblutung und schnellerer Ermüdung.
Wenn ich kurzatmig bin, muss ich schnell tief durchatmen
Fakt: In Situationen von Atemnot hilft es mehr, langsamer, leiser und durch die Nase zu atmen.
So steigt der CO₂-Spiegel wieder an und die Atemnot lässt meist schneller nach als durch hastiges, tiefes Atmen.
Mehr Atemübungen helfen immer
Fakt: Nicht jede Atemübung ist automatisch gut.
Wichtig ist die Qualität, nicht die Quantität. Falsche Techniken oder übermäßiges Hyperventilieren können den CO₂-Spiegel zu stark senken, was zu Schwindel, Panik oder Krämpfen führen kann.
Hohe Sauerstoffsättigung bedeutet automatisch gute Sauerstoffversorgung
Fakt: Selbst wenn die Sauerstoffsättigung im Blut bei 98–99 % liegt, kann durch einen niedrigen CO₂-Spiegel die Abgabe des Sauerstoffs an die Zellen gestört sein. Das heißt, das Gewebe bekommt trotzdem zu wenig Sauerstoff.
Schnelles Atmen bringt mehr Energie
Fakt: Schnelles Atmen führt oft zum CO₂-Verlust.
Das verursacht Gefäßverengungen und vermindert den Blutfluss zum Gehirn, was Müdigkeit, Schwindel oder Konzentrationsprobleme auslösen kann.
Man muss immer tief ein- und tief ausatmen
Fakt: Besser ist es, kleine, ruhige Atemzüge zu machen und nach dem Einatmen eine kurze natürliche Pause einzulegen.
Das hilft, den CO₂-Spiegel stabil zu halten. Großes, bewusstes Ausatmen senkt den CO₂-Spiegel zu stark und ist meist kontraproduktiv.
Breathwork ist nur für Sportler oder Kranke
Fakt: Funktionelles Atemtraining kann fast jedem helfen, auch gesunden Menschen.
Es fördert:
- bessere Konzentration
- weniger Stress & Ängste
- ruhigeren, erholsameren Schlaf
- stabile Energie im Alltag
Fazit
Richtiges Atmen ist mehr als nur Luft holen. Wenn du die Atmung verstehst und bewusst trainierst, kannst du deine Gesundheit und Lebensqualität nachhaltig verbessern. Dabei gilt: Weniger ist oft mehr – und Nasenatmung, ruhige, zwerchfellbetonte Atemzüge sind der Schlüssel.